Oberster Rat für Deutschland

Schottenforum 2014 in Fürth

Posted by: ORD26.10.2014

Die Tagung des diesjährigen Schotten- Forums fand, wie in der Vergangenheit, im fränkischen Ebrach (bei Bamberg) statt. Das „Historikhotel Klosterbräu Landidyll“ war wieder einmal als Herberge und Tagungsstätte in der Abgeschiedenheit des ehemaligen Zisterzienserklosters der ideale Rahmen für eine freimaurerische Klausur dieser Art. Das Programm stand heuer unter dem Generalthema „Begegnen und Verstehen – oder: Wie wir miteinander kommunizieren“.

Am ersten Tag prägten insgesamt zehn Vorträge den gehaltvollen Ablauf, bei dem die Referenten die interne freimaurerische Kommunikation aus verschiedenen Blickwinkeln betrachteten. Es liegt auf der Hand, dass die uns bekannten Begriffe wie Vorurteilsabbau, aktives Zuhören, Körpersprache, Vorbildpotential und kommunikativer Geist der Freimaurerei – so wie wir es zum Beispiel aus unseren Kerzengesprächen und anderen Begegnungen in der Loge kennen – eine zentrale Rolle spielten; all diese aus den Begriffen ableitbaren Inhalte gilt es bekanntlich als persönliche Strategie für sich dienstbar zu machen, um sich und die Welt besser zu verstehen. Daran erinnerte eingangs Br. Reiner Hommel in seinem engagierten Impulsvortrag „Warum wir miteinander reden müssen“.

In seinen Ausführungen zum Thema „Der sokratische Dialog“ vertiefte Br. Wolfgang Böhm die Notwendigkeit der Überwindung von Vorurteilen. Er mahnte an, dass eine anspruchsvolle Gesprächskultur mit gegenseitiger Wertschätzung nur mit Hilfe eines echten Dialogs erreichbar ist. Dieser Dialog könne nur mit Hilfe des intensiven und einander zugewandten Zuhörens der Gesprächspartner erfolgreich sein, weil es die Selbstreflexion einschließe und jegliche auf oberflächlichem Scheinwissen beruhende Rechthaberei a priori ausschließe. Das Frohlocken von Sokrates’ Geist war im Raum zu spüren und schwebte wie eine antike Weisheitswolke über allen Köpfen.

Der Bezirksinspekteur Süd-Ost, Br. Otto Heiligensetzer, ergänzte konkret die vorher referierten Gedanken zum Vorurteil und seiner Überwindung. Er veranschaulichte dies anhand des mitunter belasteten Verhältnisses zwischen den Johannislogen und dem AASR und stellte unmissverständlich dar, dass manche kritischen und abfälligen Äußerungen über den Ritus von Brr. der Johannislogen nur auf Halbwissen oder marginalem Vorwissen und auf Vorurteilen ohne Tatsachenprüfung beruhten. Die Ursache dafür hänge auch mit einer unzureichenden Darstellung des AASR-Leitbildes zusammen. Die eigentlich völlig überflüssige Kluft lasse sich nur durch eine aktive Selbstdarstellung mit Hilfe der Ritualistikinhalte und durch eine insgesamt positive Ausstrahlung der Ritus-Ateliers überbrücken. Letztlich sollten sich alle Beteiligten der freimaurerischen Grundidee verbunden fühlen und darauf aufbauend ein selbstverständliches Miteinander praktizieren.

Im Nachmittagsprogramm erweiterte Br. Michael Ehlers die Themenvielfalt der Tagung mit seinem lebendigen Vortrag über den „Daten-Tsunami“, der auf uns zurollt. Der Aspekt der weltweiten Datenflut (Big Data), unter der viele Nutzer und Anwender von sozialen Netzwerken zu ertrinken drohen, ist tatsächlich eine vielfach unterschätzte neue Entwicklung. Folglich gilt es, im Feld „Social Media“ (d.h. die Internetplattformen wie Facebook, Twitter, XING, Google, Youtube u.v.a.m.) die Massendaten auf nutzbare Dateien zu prüfen (Data-Mining). Die derzeit stattfindende Revolution bedeutet zweifellos für die „Silicon Valleys“ nicht nur in Palo Alto ein Riesengeschäft; sie stellt zudem Politik und PC-Nutzer vor große und noch nicht erkannte Herausforderungen. Jedenfalls scheint die Notwendigkeit der Digitalen Innovation, die inzwischen revolutionäre Merkmale entwickelt hat (die neue Weltsprache sind die Algorithmen), irreversibel zu sein und Nikolai Kondratieffs ökonomische Theorie der großen Zyklen zu bestätigen: Die Phase des „fünften Kondratieff“ mit dem zentralen Merkmal der Informationstechnologie prägt in zunehmendem Maße die Weltwirtschaft und damit unseren Alltag: Wir wissen, dass der Autofahrer mit Hilfe zahlreicher Assistenzsysteme während jeder Fahrt die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine trainieren kann. Oder wie wir aus der Baseline Studie von Google wissen, dass die Techniker im Begriff sind, den biochemischen Fingerabdruck von Probanden zu erstellen, um diese auf frühzeitig erkennbare Krankheitsrisiken zu durchleuchten.

Für die zukünftige interne und externe Kommunikation des AASR stellte Br. Heiko Seebode, Internetbeauftragter des ORD, die ersten Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Hephaistos“ vor. Die Tatsache des Vorhandenseins neuer technologischer Mittel zwingt die Nutzer heute dazu, sich die adäquaten Kompetenzen anzueignen, um die zeitgemäßen Kulturtechniken anwenden zu können. Auch wenn es einer mitunter mühsamen Eingewöhnungsphase für den Einzelnen bedarf, so geht doch kein Weg daran vorbei, sich mit der Notwendigkeit der neuen vernetzten Kommunikation in den Social Media auseinanderzusetzen und sich auch der Tatsache des zunehmend vernetzten Denkens zu stellen. Dies gilt vor allem für das menschliche Miteinander, das unter den neuen Bedingungen vor qualitativen Veränderungen steht. Um dieses Miteinander auf unserem traditionell hohen Niveau zu halten, müssen wir den internen und externen Wirkungsgrad unserer Kommunikation steigern. Ab 2015 soll so im AASR für alle Brüder das Internetangebot über geeignete und vor allem sichere Server verfeinert und erleichtert werden.

Den Gedanken der Sicherheit im Internet fokussierte auch Br. Ernst Runge, General-Groß-Schatzmeister, in seinem Vortrag „Macht die Arkandisziplin bei einem fortschreitenden Verlust der Privatsphäre noch einen Sinn?“. Eingebettet in Verse aus Br. Goethes Gedicht „Verschwiegenheit“ („… Denn auf Schweigen und Vertrauen ist der Tempel aufgebaut…“ und „… Schweigen bringet Fülle reicheren Vertrauens zurück …“) legte der Referent dieses Schweigegebot als Instrument für den schützenswerten privaten Raum dar. Dieser dient primär dazu, das intime rituelle Erleben im Inneren zu bewahren. Das Plädoyer für die Beibehaltung der Arkandisziplin (das Recht auf Privatsphäre ist ein Grundbedürfnis des Menschen) ergänzte Br. Ernst Runge mit seiner generell kritischen Haltung gegenüber einer uneingeschränkten Nutzung der sozialen Netzwerke, die mit ihrem eigenen Kommunikationsansatz bewusst OnlineÖffentlichkeit herstellen wollen.

Der Tagungsablauf wurde durch mehrere interessante Vortragseinschübe in wunderbarer Weise aufgelockert. Im ersten Beitrag dieser Art berichtete Br. Rainer Bäuerlein aus biologischer Sicht von der zweckorientierten Kommunikation bei Tieren, deren Instrumente Geruch, Gestik und Laute sind. Wer weiß schon etwas von der Tanzsprache der Bienen? In erster Linie dient die Kommunikation in der Welt der Tiere dem Schutz und der Erhaltung der Art.

Br. Ernst Jahn sprach in seinen Ausführungen zur schriftlichen und mündlichen Anrede von Brüdern in ihren Ämtern die Sinnhaftigkeit von Höflichkeitsformen an. Bei offiziellen Veranstaltungen ist dies natürlich eine besondere Form der Wertschätzung gegenüber dem Amt sowie des Respekts gegenüber dem Bruder. Der Referent mahnte abschließend an, keine unnötigen Eitelkeiten zu pflegen oder sich bei übertriebener Anwendung im Extremfall gar lächerlich zu machen.

Am Abend unterhielt der „Stargast Hein Hansen“ (fiktiver Charakter von Br. Michael Ehlers) im Rahmen eines fulminant vorgetragenen Motivations-Coachings das erwartungsfrohe Plenum. Nach zwei kurzweiligen Stunden wussten alle teilnehmenden Brüder: „Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein!“ Nachzulesen ist all das, was das Alter Ego von Br. Michael Ehlers druckfrisch formuliert hat, im empfehlenswerten Band: Hein Hansen, Der Fisch stinkt vom Kopf, 2014 (Börsenmedien AG-Kulmbach). Zum Thema der referierten Kommunikationsrevolution kann man sich im Buch von Michael Ehlers, Social Media, 2013 (Börsenmedien AG-Kulmbach) informieren.

Der zweite Tagungstag war im ersten Teil geprägt von einer internationalen Videokonferenz der Vertreter der Obersten Räte Finnlands, Österreichs und der Schweiz mit dem SGK des AASR, Br. Eberhard Desch. Nach einer anschließenden musikalischen Matinee wurde die Tagung mit dem Festvortrag „Wie die Weltbruderkette arbeitet“ des SGK, Br. Eberhard Desch, beschlossen.

Für den interessierten und kritischen Leser bleibt am Ende die Frage, ob wir es uns in der Bruderkette mit unserem am Humanitätsideal orientierten Verhaltenskodex bei Abwägung der Chancen und Risiken der Online-Öffentlichkeit erlauben können, dass im Schutz von Kontrolllosigkeit und Anonymität des Netzes traditionelle Tabus und der Respekt der Menschen voreinander verschwinden und einem digitalen Darwinismus Platz machen. Dies gilt vor allem hinsichtlich einiger Fehlentwicklungen und Schwachstellen im Netz wie Online-Kriminalität, cybermobbing, shit-storm, Hacker-Attacken, NSA-Überwachung etc.). Die Frage bleibt weiterhin, ob unsere demokratische Gesellschaft, die ihr Demokratieprinzip auf die allgemeine öffentliche Diskussion gründet, die augenblickliche Form der globalen Kommunikation im Internet und in den Social Media auf Dauer verträgt und ob die verantwortlichen politischen Entscheidungsträger die vielfach noch ungeregelte neue Goldgräberbranche der global aufgestellten Kommunikationsversorger (Google, Facebook, Twitter, Youtube etc.) auf ein verträgliches Maß eindämmen können, um aus der Chance für die Demokratie nicht eine Chance für die Demagogie zu machen.

Denn das Informationszeitalter ist durch die seit den letzten Jahren immer stärker werdende Wechselwirkung zwischen technischer Apparatur und sozialen Kommunikationssystemen gekennzeichnet. Es besteht die Tendenz – und das nicht nur bei der Nutzergruppe der „Digital Natives“ -, dass die Logik der technischen Apparate die Normen für die Kommunikation vorgibt. Kommunikation als sozialer Prozess kann deshalb an Bedeutung gegenüber dem – nach technischer Logik und Norm gebildeten Informationssystem verlieren. Es wäre für uns alle gewiss mehr als eine große Enttäuschung, wenn die Privatsphäre der Illusion von Freiheit im Netz geopfert werden würde; es wäre für die digitale Epoche der Zivilisationsbruch schlechthin. Das Risiko besteht darin, dass jeder freiheitlich und demokratisch verfasste Staat, der per definitionem engagierte und kritische Mitbürger braucht und deshalb weiterhin den Mythos des Netzes als Medium antiautoritärer Gegenöffentlichkeit pflegt, für den Fall politischer Inaktivität unmerklich, aber stetig abgewickelt werden kann (Aldous Huxley und George Orwell lassen grüßen). Ein neues Zeitalter der Aufklärung scheint hier notwendig, um uns gegenüber unkontrollierbaren Datenmengen zu wappnen und vor einer Verklärung der „Big Data“ Kommunikationsmaschinen zu bewahren. Die Ebracher Tagung leistete hierzu einen unschätzbaren und wertvollen Beitrag.

Das Fürther Schotten-Forum hat den teilnehmenden Brüdern nicht nur zeitgemäß „Kommunikation“ und „Social Media“ als Tagungsthema angeboten, es hat auch unter der perfekten Tagungsleitung der Brr. Karl Klamann und Reiner Hommel ermöglicht, dass alle Brüder intensiv miteinander kommunizieren und sich austauschen konnten. Dieses gemeinsame Erlebnis hat in Verbindung mit dem umfangreichen und anspruchsvollen Programm dazu beigetragen, wieder einmal das Wir-Gefühl der Schottenbrüder zu stärken. [lob]

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